
„JA“ & “NEIN” IN ASIEN
Letzte Woche sprach mich ein Geschäftspartner aus Deutschland an, der mit seinen Nerven am Ende war. Er war nach monatelangen Verhandlungen in Singapur davon ausgegangen den Zuschlag für ein größeres Projekt in Asien erhalten zu haben – dem war nicht so. Wie konnte es zu diesem Missverständnis kommen?
Die Antwort scheint leichter zu klingen als sie ist. In Asien hat ein „Ja“ und auch ein „Nein“ eine andere Bedeutung als in Deutschland und in vielen anderen westlichen Ländern. Asiaten sind erfahrungsgemäß sehr höflich. Man möchte seinem Gegenüber mit einem „Nein“ nicht vor den Kopf stoßen. In vielen Situationen verhält man sich komplett entgegengesetzt zum westlichen Gesprächspartner. Ein direktes deutsches „Nein“ stößt in den meisten Fällen auf Unverständnis und Ablehnung.
Man kann sich somit gut vorstellen, dass es während Verhandlungen zwischen einem Asiaten und einem Deutschen nicht selten zu Missverständnissen kommt. Aus diesem Grunde sollte man die unterschiedlichen Bedeutungen eines „Ja“ in Asien besser kennen.
Stellen Sie sich folgendes Beispiel vor. Ein deutscher Vertriebsmitarbeiter trifft den chinesischen Einkäufer einer Maschinenbaufirma in Singapur. Man kennt sich bereits seit einigen Monaten und erste Verkaufsgespräche wurden geführt. Im dritten Treffen fragt der deutsche Geschäftsmann, „wollen Sie unsere Maschine kaufen“. Der chinesische Einkäufer antwortet mit „Ja“, meint aber:
- „Ja, ich kann Sie hören, Sie sprechen laut genug“
- „Ja, ich habe Sie verstanden, Sie haben es verständlich erklärt“
- „Ja, ich mache mir Gedanken darüber“
- „Ja, ich kann mir vorstellen, dass wir irgendwann ins Geschäft kommen können“
- „Ja, ich will Ihre Maschine kaufen, da sie jedoch zu teuer ist, werde ich sie in Malaysia bestellen“
- „Ja, wenn Sie den Preis reduzieren“
- usw.
Es handelt sich somit auf keinen Fall um eine Zusage. Erfahrene asiatische Geschäftsleute sind sich dieser Thematik durchaus bewusst und nutzen diesen Vorteil für sich. Man lässt den westlichen Geschäftspartner gelegentlich mit Absicht „im Dunkeln tappen“, das schafft Zeit und mehr Spielraum für weitere Gespräche und das Vergleichen weiterer Angebote. Letztendlich bedarf es auf jeden Fall noch weiterer Verhandlungen um zum Abschluss zu gelangen.
Auf der anderen Seite ist man in Asien häufig überrascht, wie „effizient“ bzw. wenig diplomatisch die deutsche Sprache sein kann. „Ja“ bedeutet, in den meisten Fällen:
- „Ja, alles klar, geht so, einverstanden“ und „Nein“ bedeutet:
- „Nein, geht nicht, Ende der Debatte“.
Nicht selten hat ein mit der westlichen Kultur unerfahrener asiatischer Geschäftspartner ein ungutes Gefühl, wenn er mit Deutschen zum ersten mal verhandelt. Man hat Schwierigkeiten mit dieser Direktheit umzugehen, fühlt sich missverstanden und hat darüber hinaus den Eindruck, dass der deutschsprachige Ansprechpartner überheblich und respektlos sei.
Fazit: Werden Sie nicht ungeduldig. Berücksichtigen Sie die Tatsache, dass ein „Ja“ in den meisten Fällen keine Zusage ist. Viel wichtiger ist, dass Sie Ihrem Gegenüber gut zuhören, auch wenn dies speziell Vertriebsmitarbeitern nicht immer leicht fällt – irgendwann wird man Ihnen auch in Asien zustimmen bzw. Ihr Produkt kaufen. Ob man diese Zustimmung unbedingt mit einem knappen „Ja“ bestätigt, bleibt dahin gestellt.